Die 33-Jährige ist Store Managerin des nachhaltigen Schweizer Rucksacklabels QWSTION und spricht über ihr Verständnis von Nachhaltigkeit und ihre Liebe zu Secondhand. Sie lädt uns nach Lausanne in ihre Wohnung ein, die Kreativität versprüht und von warmem Sonnenlicht erfüllt ist.
Alia, magst Du Dich kurz vorstellen?
Alia
Ich heisse Alia und habe über die Jahre beobachtet, dass eine Beschreibung meiner selbst schwierig ist. Kaum habe ich gesagt “ich bin dies oder das” verändert sich etwas und meine Aussage ist obsolet.
Veränderung ist eine Konstante in meinem Leben und diese Beobachtung finde ich interessant. Ich versuche das zu akzeptieren und jede neue Version von mir mit Wohlwollen zu begrüssen.
Ich philosophiere anscheinend auch gerne – haha. Ohne anmassend zu klingen, finde ich es interessant, meine Überzeugungen in Frage zu stellen und zu sehen, wie ich mich dadurch weiterentwickle.
Du arbeitest für QWSTION. Eine Marke, die nachhaltige Taschen herstellt - was bedeutet Nachhaltigkeit für Dich?
Alia
Ich hatte den berühmten “Klick” in meinen frühen Zwanzigern und seitdem habe ich viel experimentiert. Zunächst durch enorme Reduktion und das Befolgen von “Minimalismusregeln”, die für mich jedoch zu streng waren, bis ich schliesslich zu meinem persönlichen Nachhaltigkeits-Kompass fand, der mir bis heute dient.
Für mich ist Nachhaltigkeit die Idee der Dauer. Herauszufinden, was mir persönlich in Bezug auf Qualität, Materialien und Schnitte zusagt, damit diese Gegenstände oder Kleidungsstücke mir so lange als möglich erhalten bleiben und mich gleichzeitig aus ästhetischer und praktischer Sicht zufriedenstellen.
Es erfordert Übung und das Loslassen eines gewissen Perfektionismus, den unsere Gesellschaft von uns verlangt, um unsere Besitztümer am Leben zu erhalten. Wenn man diesen Sinn erst einmal entwickelt hat, geniesst man es, die eigenen Gegenstände mit sich altern zu sehen und sie mit ihren Gebrauchsspuren noch mehr lieben.
Ich benutze Pinterest sehr oft, um alles, worauf ich Lust habe, dort zu sammeln. Es ist ein Schritt, der mir erlaubt, mir Zeit zu lassen, bevor ich wirklich etwas kaufe. Das funktioniert sehr gut. Manche Dinge sind dafür gedacht, in der Traumwelt zu bleiben, und andere können in meine Realität einziehen. Nicht alles muss materialisiert werden, aber ich kann das Vergnügen geniessen, diese Bilder irgendwo zu speichern und sie virtuell zu bewundern. Oft vergeht die Lust.
Du verkaufst auf depop Secondhandkleidung – und das mit grossem Erfolg. Wie entstand Deine Affinität für Secondhand?
Alia
Meine Mutter hat meinen Bruder und mich schon als Kinder mit auf Flohmärkte und in Secondhandläden genommen. Zunächst aus der Notwendigkeit heraus, aber auch, weil sie selbst in ihrer Jugend Flohmarkthändlerinnen assistiert hat.
Ich habe Erinnerungen an meine Lieblingskleidung, die ich als Kind gefunden habe und die ich geliebt habe. Für mich sind das lustige Orte, die Möglichkeiten eröffnen. Ich verbringe viel Zeit damit, aus Spass Dinge auszuprobieren, ich fasse alles an, stelle unwahrscheinliche Arrangements zusammen und plötzlich spricht mich etwas an, eine Geschichte entsteht.
Ich habe 2008 angefangen, meine Kleidung und Secondhand-Stücke zu verkaufen, und das hat sofort gut funktioniert.
Seitdem habe ich nie wirklich aufgehört. Bis heute habe ich Kundinnen, die mich damals kennengelernt haben und die meiner Auswahl vertrauen, das ist toll.
Ich sehe mich schon mein ganzes Leben lang auf der Suche nach Gegenständen und Kleidungsstücken, denn das ist es, was mir ermöglicht, meinem Stil eine einzigartige Note zu verleihen. Ich mag die Tatsache, dass man nie weiss, was man finden wird, es ist jedes Mal ein Abenteuer, selbst an den Tagen, an denen ich mit leeren Händen nach Hause komme.
Wo und womit verbringst Du die meiste Zeit in Deiner Wohnung?
Alia
Zweifellos im Wohnzimmer, wahrscheinlich strickend, schreibend, lesend oder träumend.
Ich neige dazu, von meinem grossen Esstisch, der mir auch als Atelier dient, auf mein Sofa zu wechseln und umgekehrt.
Es ist ein Raum, in dem ich mich inspiriert fühle. Ich habe alle meine kreativen Materialien auf meinem grossen Industrieregal, aber auch meine Gegenstände, die mich glücklich machen, wie meine Raawii-Keramiksammlung, meine Kristalle, Bücher und Pflanzen.
Und ich kann die Bäume und Berge sehen, auch sie inspirieren und entspannen mich.
Wer oder was hat Deinen Einrichtungsgeschmack am meisten beeinflusst? Wo findest Du heute Inspiration?
Alia
Wow, das ist eine schwierige Frage. Schon in jungen Jahren hat mich das Dekorieren, das Kreieren von Stilen angezogen. Ich bin ein richtiger Schwamm, ich merke mir Details, alles und jedes kann mich inspirieren. Vor allem wenn ich spazieren gehe oder auf Reisen bin, da beobachte ich gerne alles. Dann stelle ich mir mein persönliches Patchwork zusammen. Ich versuche, meine Bedürfnisse zu verstehen und sie auf eine Art und Weise zu übertragen, wie ich die Gegenstände untereinander anordne. Doch das ist vor allem ein intuitives Vorgehen.
Es muss praktisch sein, ich muss klar sehen können, aber es muss auch warm und gemütlich sein. Ich verbringe gerne Zeit damit, meine Gegenstände umzustellen, ähnlich wie ich es in meinem Geschäft tue. Die Arrangements müssen sich ändern, um inspirierend zu bleiben, aber ohne unbedingt neue Dinge hinzuzufügen.
Welches Möbelstück wirst Du auch in 30 Jahren noch besitzen?
Alia
Meine STOOL60 Artek-Hocker (ein Modell, das 1933 von Alvar Aalto entwickelt wurde). Sie sind vielseitig (ich benutze sie als kleine Tische und Hocker), praktisch, ästhetisch, gut durchdacht und bringen mit ihren Farben einen Fun-Touch mit.
Was macht Dich im Moment glücklich?
Alia
Der Geruch der Luft am frühen Morgen. Ein Bananenbrot zu backen. Dankbarkeit für alles ausdrücken, was in meinem Leben vorhanden ist. Katzen auf der Strasse begegnen. Sich die Zeit nehmen, tief zu atmen.
3 Vintage Entdeckungen
von Alia
Das Organische sowie die Bearbeitung des Messing: Ein Kunstwerk.
Eine Sanftheit in Farben und Materialien, die mich schwach werden lässt.
Ich liebe den tragbaren Aspekt und sie ist so süss!
Verfasst von Aimée
Manchmal werde ich gefragt, was ich so richtig gut kann. Meine Antwort: aus nichts etwas machen. So ist auch meine Leidenschaft für Secondhand Möbel & Dekoration entstanden. Was andere wegwarfen, dem gab ich in meiner Wohnung eine neue Wertigkeit. Damit machte ich das Schöne auch für andere sichtbar. Im Februar 2021 gründete ich Kurato mit dem Wunsch, meine Leidenschaft an andere weiterzugeben und einen hochwertigen sowie nachhaltigen Beitrag in der Interior Branche zu leisten.