Die 29-jährige Journalistin erzählt uns von den glamourösen und weniger glamourösen Seiten als stellvertretende Chefredaktorin der annabelle und von ihrem Traum. In ihrer Zürcher Wohnung hat alles seinen Platz – besonders wohl arrangierte Farbtupfer. Inspiration liefert ihre tägliche Arbeit sowie Instagram.
Leandra, magst Du Dich kurz vorstellen?
Leandra
Am Wochenende sitze ich am liebsten den ganzen Tag in einem Café oder an der Sonne und lese Magazine und Biografien; das echte Leben ist viel zu interessant für Fiction. Ausserdem schaue ich zu viele Dokus und Kinofilme, die verstören («Traumland», «Pleasure»). Ich mag den Sommer mehr als den Winter, vor allem die Morgenstunden in der Frauenbadi, wenn die Stadt noch halb schläft. Ich selbst schlafe viel zu wenig, bin Frühaufsteherin und Nachtmensch. Und – mir fällt grad kein positiv konnotiertes Wort dafür ein –: Workaholic. Nichts, womit man heute noch kokettieren könnte, aber ich liebe meine Arbeit viel zu sehr, als dass ich das verheimlichen wollte.
Ist Deine Arbeit als stellvertretende Chefredaktorin und Textchefin Lifestyle bei der annabelle so glamourös, wie sie klingt?
Leandra
Es ist wohl tatsächlich glamourös, wenn wir bei den Fashion Weeks in Mailand und Paris mit namhaften Models und Designtalenten sprechen oder wenn ich im New Yorker Townhouse von Estée Lauder an jenem Tisch speise, an dem schon Grace Kelly dinierte. Und doch habe ich herzlich gelacht, als letztens jemand – mehr oder weniger ernsthaft – fragte, ob mein Job eigentlich zu einem Grossteil daraus besteht, Cüpli zu trinken. Nein, definitiv nicht. Wäre auch blöd, ich mag keinen Champagner. Was viele nicht sehen: Dass ich nach solchen Events auf dem Hotelzimmer einen Espresso trinke, um die Arbeit nachzuholen, die liegen geblieben ist: Mails beantworten, Interviews transkribieren, Texte schreiben und redigieren, Trendhefte und Spezialausgaben mitkonzipieren. Auch diesen Teil – den Grossteil – meiner Arbeit liebe ich. Und, ungelogen: Ich mag sogar die Spätschichten, würde es mir nicht anders wünschen. Work-Life-Blending funktioniert für mich.
Dank Deines Berufs kommst Du viel herum. Deine Lieblingsstadt und ein Geheimtipp für einen ausgelassenen Abend?
Leandra
Am meisten Zeit ausserhalb Zürichs verbringe ich in Berlin. Im Café Luzia, das mehr Bar ist als Café und nur drei Gehminuten vom Voo Store (meinem Go-to-Place für Mode) entfernt liegt, treffe ich meine Freund:innen für einen Catch-up. Wer es schicker mag, besucht das neue Château Royal in Mitte. Das erinnert mit seiner Architektur, seiner Atmosphäre und den Austern, die die Menschen an der Bar schlürfen, ans ebenfalls 2022 eröffnete und zu Recht gefeierte Nine Orchard in New York. Austern, ich weiss. Ich habe mich mit ihnen angefreundet, als «The Cut» sie kürzlich «the Pete Davidsons of food» nannte: «gorgeous in their own way, heavily consumed by beautiful people, and, yet, equalizing and totally not intimidating.» Aber zurück zur Frage: Das anschliessende Dinner gibt es im 893 Ryōtei (japanische Küche), bei Ernst (nur acht Plätze!), seinem kleinen Bruder Julius, bei Frea (vegan und Zero-waste) oder im Kink. Die besten Bar- und Restaurant-Tipps finde ich übrigens in Stefanie Frieses Travel-Colours-Guides.
Wenn man sich mit so vielen schönen Dingen umgibt, prägt das den eigenen Geschmack. Wie würdest Du Deinen Stil beschreiben?
Leandra
Böse Zungen (und mir nahestehende Personen) würden behaupten: nicht gerade günstig. Was natürlich, wie Du richtig sagst, damit zusammenhängt, dass ich aufgrund meiner Arbeit oft von schönen Dingen umgeben bin. Bevor ich mir ein Billigregal zulege, das nach zwei Jahren in sich zusammenfällt, spare ich lieber auf eines, das ich auch in zehn Jahren noch zu einem ähnlichen Preis weiterverkaufen kann. Auf eines, das eine Geschichte zu erzählen hat. Darum kombiniere ich Designstücke gern mit Trouvaillen aus dem Brocki. Ausserdem sind viele meiner Wohnaccessoires und Möbel farbig – hellgrüner Spiegel, dunkelgrünes Sofa, rosafarbenes Pult –, nix Vanilla Girl also.
Was oder wer hat Deinen Einrichtungsstil am meisten geprägt? Deine Inspirationsquelle?
Leandra
Meine Arbeit und all die ästhetischen Dinge, denen ich dabei täglich begegne. Und Instagram. Von San Snova etwa habe ich mich zu meinem Spiegeltisch von Jotex inspirieren lassen.
Einrichten: impulsiv oder von langer Hand geplant?
Leandra
Bei Wohnaccessoires eher impulsiv. Beim Kauf grosser oder teurer Stücke plane und spare ich hingegen länger – das Malerkrepp klebt oft wochenlang auf Wänden und Böden, bevor ich mir ein Regal, einen Schrank oder ein Sofa anschaffe.
Welches Möbel wirst Du auch in 30 Jahren noch besitzen?
Leandra
Mein Wire-Regal von Verner Panton für Montana. Und mein Fünfzigerjahre-Sideboard aus Nussbaumholz, das ich bei einer Lagerräumung ergattert habe. Es soll mal eine Nebenrolle im Werbespot einer Schweizer Krankenkasse gespielt haben.
Welcher Raum in Deiner Wohnung ist Dein liebster und weshalb?
Leandra
Mein Wohnzimmer. Es stand lange fast leer, weil alle Möbel aus meiner früheren Wohnung im Schlafzimmer Platz gefunden haben und nichts für die Stube übrig blieb. Nach und nach füllt sie sich nun, wird immer heimeliger und bleibt gleichzeitig mein liebstes Projekt. Ausserdem hat sie den schönsten Boden – Kassettenparkett – und einen Balkon, durch den fast den ganzen Tag die Sonne hereinscheint und alles in ein warmes Licht tüncht.
Gibt es etwas, wovon Du schon lange träumst, das Du aber bisher noch nicht umsetzen konntest?
Leandra
Ich würde gern mal wieder ganz allein losziehen und für mehrere Monate einen Flecken Welt erkunden. Das habe ich zuletzt mit zwanzig gemacht, damals habe ich die australische Ostküste bereist und surfen gelernt, auch dafür möchte ich mir in Zukunft wieder mehr Zeit nehmen. Beim nächsten Mal zieht es mich wohl nach Südamerika. Oder nach Neuseeland oder Hawaii.
3 Vintage Entdeckungen
von Leandra
Schräg – aber ganz ehrlich: Der Hocker passt hinsichtlich Material (Stahl) und Farbe (Rosa) perfekt zu meinem Pult aus der limitierten True-Pink-Kollektion von USM Haller.
Eisgekühlt – ich verneble die Sinne meiner Gäst:innen, bevor sie sich über das mediokere Essen beschweren können.
Fluoreszierend – der LSD-Trip als Interior-Piece.
Alle Bilder stammen von der in Zürich wohnenden Fotografin Livia Bass.
Verfasst von Leonie
Schon als Kind liebte ich es, mein Zimmer ständig umzuräumen, Wände zu streichen und meine Einrichtung neu zu gestalten. So entstand bereits früh meine Liebe zum Detail. Möbel mit Geschichte, Unikate und besondere Stücke, lassen mein Herz höherschlagen. So liegt es nahe, dass die Idee von Kurato mich sofort begeistert hat. Meine Leidenschaft zu Secondhand und Vintage, mit meiner Arbeit verknüpfen zu können, ist ein absolutes perfect Match.